Weiter gedacht - der Podcast der WZ

#34 Schmutzige Kinder leben gesünder

Episode Summary

Du steigst in den Bus. Du greifst zuerst die eine Haltestange an, dann die andere. Nach ein paar Stationen drückst du den Halteknopf. Am Weg zur Tür musst du dich wieder an einer Haltestange festhalten, um nicht umzufallen, weil der Bus plötzlich bremst. Rund um dich herum husten und niesen Erwachsene und Kinder. Und du möchtest dir in diesem Moment gar nicht vorstellen, wie viele und welche Bakterien und Viren rund um dich herumfliegen und auf den Haltegriffen und Knöpfen des Busses kleben, die du gerade berührt hast. Welche es tatsächlich sind und warum sie vor allem für den Aufbau des Immunsystems der Kinder so wichtig sind, erklärt die Hygienikerin Miranda Suchomel von der MedUni Wien im Gespräch mit Host und WZ-Redakteurin Petra Tempfer.

Episode Notes

Wie viele Bakterien und Viren im Bus oder Taxi mitfahren, kann man nicht beziffern. Tatsache ist jedoch, dass nicht alle gefährlich seien, sagt die Hygienikerin Miranda Suchomel von der MedUni Wien in dieser Podcast-Folge zu WZ-Redakteurin Petra Tempfer. Ganz im Gegenteil: „Wir wissen, dass banale Erkältungsinfektionen gut sind, damit das Immunsystem lernt und und geschult wird", sagt Suchomel. Kinder wieder mehr im Schmutz spielen zu lassen, sei daher wichtig und gut.

Das Geheimnis eines guten Immunsystems sei vor allem das Mikrobiom: die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die in und auf jedem Menschen leben. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das laut Suchomel: Überall, wo körpereigene, „gute“ Bakterien sitzen, können keine „schlechten“ Platz greifen. Sie bilden einen Schutzschild.

Ständig jeden und alles zu desinfizieren, sei kontraproduktiv. Denn die Konzentration der Wirkstoffe in den gängigen Desinfektionsmitteln sei so gering, dass die Keime Resistenzen dagegen entwickeln können, wodurch sie stärker werden – und sich noch mehr vermehren, sagt Suchomel. „Wir bringen sie nicht um, wir ärgern sie nur.“

Aus dem Archiv der Wiener Zeitung vom 28. September 1887 (Seite 15):

Dass Hygiene der Schlüssel zu mehr Gesundheit ist, war im 19. Jahrhundert noch nicht jedem bewusst. Am 28. September 1887 fand in Wien der sechste internationale Kongress für Hygiene und Demographie statt. Zentraler Inhalt dieses Kongresses war, wie die Wiener Zeitung an diesem Tag auf Seite 15 schrieb:

Die zweite Sektion nahm heute das Thema in Verhandlung, in welcher Weise der hygienische Unterricht in Volksschulen, Mittelschulen, Gewerbeschulen, Mädchenschulen, Lehrer-Bildungsanstalten und Priesterseminaren eingeführt werden solle. Professor Dr. Joseph von Fodor verwies in seinem Referate auf die Notwendigkeit der allgemeinen Gesundheitslehre, da die hygienische Aufklärung zu einem Bedürfnisse der Familie ebenso wie der Gesellschaft geworden ist. Ein allgemeiner und systematischer Unterricht in der Hygiene in allen Schulen, von der Volksschule angefangen bis hinauf zu den Hochschulen, sei ein Gebot der Humanität.

Weiterführende Links:

Bakterien sind winzig kleine Lebewesen, die aus einer einzelnen Zelle bestehen. Man kann sie mit dem bloßen Auge nicht sehen. Bakterien haben einen eigenen Stoffwechsel und benötigen Nahrung. Sie vermehren sich, indem sie sich teilen. Unter dem Mikroskop erkennt man, wie unterschiedlich Bakterien aussehen können. Manche sind rund, andere haben die Form von Stäbchen, Spiralen oder Fäden (Stiftung Gesundheitswissen).

Viren sind keine Lebewesen. Sie können nicht eigenständig leben, weil sie keinen eigenen Stoffwechsel zur Energiegewinnung haben. Um zu überleben, benötigen Viren deshalb andere Zellen, sogenannte Wirtszellen. Das kann zum Beispiel eine Zelle im menschlichen Körper sein. In einer Wirtszelle können sich Viren vermehren und verbreiten (Stiftung Gesundheitswissen).

Das Immunsystem ist lebenswichtig: Es schützt den Körper vor Schadstoffen, Krankheitserregern und krankmachenden Zellveränderungen. Es umfasst verschiedene Organe, Zellarten und Eiweiße. Sobald das Immunsystem versagt, weil es geschwächt ist oder gegen besonders aggressive Krankheitserreger nichts ausrichten kann, wird man krank. Auch Erreger, die dem Körper bisher unbekannt sind, haben meist leichtes Spiel. Bei bestimmten Erregern führt nur der allererste Kontakt zu einer Erkrankung – zum Beispiel bei Kinderkrankheiten wie den Windpocken (gesundheitsinformation.de).

Die Definition der Hygiene ist: Gesundheitslehre und -praxis; Lehre von der Gesunderhaltung des Einzelnen und der Allgemeinheit, der Vorbeugung von Krankheiten und Gesundheitsschäden wie auch der positiven Gesundheitsförderung (Spektrum.de).

Covid-19, umgangssprachlich Corona genannt, ist eine durch das Coronavirus Sars-CoV-2 verursachte Infektionskrankheit. Sie wurde erstmals 2019 in der chinesischen Metropole Wuhan (Provinz Hubei) beschrieben, entwickelte sich im Jänner 2020 in der Volksrepublik China zur Epidemie und breitete sich schließlich zur weltweiten Covid-19-Pandemie aus. Die genaue Ausbruchsquelle ist derzeit noch immer unbekannt. Covid-19 ist inzwischen weltweit verbreitet. Die aufgrund von Covid-19 durch die Weltgesundheitsorganisation WHO am 30. Jänner 2020 ausgerufene gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite wurde am 5. Mai 2023 für beendet erklärt (Sozialministerium).

Nach mehr als drei Jahren Pandemie endeten in Österreich am 1. Juli 2023 alle Corona-Maßnahmen und die damit verbundenen Services. Die Meldepflicht sowie die Verkehrsbeschränkung bei einer Infektion mit Sars-CoV-2 fielen, der Grüne Pass wurde eingestellt. Impfungen, Tests für symptomatische Personen sowie Covid-19-Medikamente blieben aber weiterhin kostenlos (Gesundheit.gv.at).

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